5013026 – VL: Wissen und Drama
Das Drama weiß etwas – und zwar nicht nur etwas von Bühne und Theater, Schauspieler*innen und Publikum, sondern durchaus Konkretes, zum Beispiel repräsentiert es ein Wissen über seine historischen Entstehungskontexte: So thematisieren Dramen bspw. Krankheiten, ökonomische Zusammenhänge oder Logiken der Rechtsfindung, diskutieren diese und stellen deren Funktion und vor allem Dysfunktionen (im Bühnenraum) vor Augen. Gerade in einer Kultur, die sich selbst als Wissens- und Informationsgesellschaft beschreibt, wird deutlich, wie heikel es um die Unterscheidung von ‚hard facts’ (gemeinhin verstanden als naturwissenschaftlich-technisches Wissen) und ‚soft skills’ (oft gemeint ist damit geisteswissenschaftliches Wissen) als differenzierender Charakterisierung von Wissen steht. Das Drama (wie die Literatur allgemein) hat hingegen einen binären Leitcode, der sich entschieden von dem der Wissenschaften abgrenzt: Er lautet nicht wahr oder falsch, sondern vielmehr stimmig oder nicht-stimmig. Das bedeutet aber: Gerade weil die epistemische Grundorientierung von Literatur eine andere ist als die der Wissenschaften, kann Literatur erfolgreich ein spezifisches (Sprach-)Spiel mit diesem Wissen spielen, das über die oft anzutreffende Logik des ‚Spiel im Spiel’ im Drama nochmals gesteigert wird. Die Vorlesung wird sich mit diesem spezifischen Wissen im und des Dramas seit der Umbruchszeit der Moderne („Sattelzeit“) beschäftigen und diese Fragestellung bis in die Postmoderne verfolgen.